Zöliakie und Glutensensitivität - Warum vertragen wir kein Gluten mehr?

Immer mehr Menschen vertragen kein herkömmliches Brot mehr, bekommen Bauchschmerzen, wenn sie Nudeln gegessen haben oder die selbstgebackenen Kekse. Was ist da los?
Es gibt die nachweisliche Zöliakie. Eine Autoimmunkrankheit, bei der das Gluten die Darmschleimhaut so sehr reizt, dass Nahrung gar nicht mehr richtig verdaut werden kann und somit auch nicht in den den Körperkreislauf gelangen kann. Es gibt inzwischen aber auch immer mehr Menschen, die an einer Glutenunverträglichkeit bzw. Glutensinsitivität leiden, auch wenn es beim Arzt nicht nachgewiesen werden konnte. Menschen, die merken, dass sie nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel aus Weizen Verdauungsbeschwerden bekommen, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen oder sich genrell abgeschlagen fühlen.

Inhalt

Was ist Gluten genau und was macht es in unserem Körper?

Warum vertragen wir keine glutenhaltigen Lebensmittel mehr?

Worin ist Gluten enthalten?

Wie gehe ich mit glutenhaltigen Lebensmitteln um?

Was ist Gluten genau und was macht es in unserem Körper?

Gluten ist ein Eiweiß, ein sogenanntes Klebeeiweiß, das ist vielen Getreidesorten vorkommt. Es ähnelt dem Kollagen, einem Eiweiß, das in dem Bindegewebe tierischer Organismen vorkommt. Es kann nicht abgebaut werden, höchstens noch aufgespalten werden. Es verursacht zum einen Schäden an der Darmwand - weshalb es zum sogenannten Leaky Gut-Syndrom kommt - und zum anderen gelangt es in unserem Blutkreislauf, wo es sich an den Organen ablagert. Dort wird es vom Immunsystem als Fremdkörper wahr genommen, den es zu bekämpfen versucht. Dabei verwechselt das Immunsystem die Eiweißformen Gluten und Kollagen und greift folglich die Organe ebenfalls an. Ein gefährlicher Kreislauf entsteht.

Warum vertragen wir keine glutenhaltigen Lebensmittel mehr?

Gluten entsteht beim Mischen von Mehl und Wasser aus des Proteinen Creatine und Glutenine. Es bindet sehr gut und gibt Brot oder Nudeln die feste Struktur. Da Weizen den höchsten Glutenanteil aller Getreidesorten besitzt, hat es sich als das meist gebräuchliche Mehl etabiliert. Es macht rund 20 % der weltweiten Kalorienaufnahme aus.

Innerhalb der letzten Jahre stieg die Glutensensitivität (Nicht-Zölikalie-Gluten-Sisitivität) um 250% (Studie der University of Sheffield)! Wie kann das sein, wo wir uns doch jahrtausende lang von Getreide ernährt haben und diese Unverträglichkeit kaum auftrat?

In den letzten Jahrzehnten wurde unser Getreide stark genverändert bzw. weitergezüchtet. Die Gründe hierfür sind wirtschaflicher und politischer Natur und werde ich in einem weiteren Artikel näher beleuchten. Heutzutage enthält das Weizen eine wesentlich festere Glutensturktur. Für die Industrie ist das sehr praktisch, weil sie Brot oder Nudeln viel einfacher verarbeiten kann. Aber unserem Darm wird es deutlich schwerer gemacht, das Gluten durchzuschleusen. Gesunde Menschen brauchen für die Verdauung einfach länger. Aber Menschen mit Unverträglichenkeiten, Allergien oder Autoimmunerkrankungen kommen mit diesem Gluten nicht gut klar.

Hinzu kommt die industrielle Herstellung von Brot und Brötchen. Jahrhunderte lang durfte der Teig mindesten 24 Stunden gären und wurde mit Sauerteig hergestellt. Die Fermente und Enzyme hatten so genügend Zeit, das Gluten abzubauen. Aber heute werden die Teige unmittelbar nach der Herstellung gebacken. Darüber hinaus wird Gluten für die Verarbeitung vieler anderer Lebensmittel genutzt, die industriell hergestellt werden, um sie fester zu machen.

Unsere Nahrung, gerade in Bezug auf Getreide, ist mittlerweile sehr einseitig und liefert nicht die nötigen Mikronährstoffe, wie Vitamine, Proteine oder Spurenelemente, die wir wirklich benötigen. Damit geraten wir in eine Untererversorgung, obwohl unsere Supermärkte mit Essen voll sind. Aber leider mit Essen, was stark verarbeitet wurde nur noch wenig mit der Nahrung zu tun hat, die wir noch bis vor ca. 150 Jahren zu uns genommen haben.

In der Summe nehmen wir mehr Gluten auf, was unseren Darmorganismen die Verdauung erschwert. Wenn wir also mehr schwer verdauliches Gluten zu uns nehmen und gleichzeitig hoch verarbeitete Lebensmittel, in denen nur noch wenig Nährstoffe enthalten sind, bringen wir das Mikrobiom in unserem Darm aus dem Gleichgewicht und sind mit wichtigen Mikronährstoffen unterversorgt.

Unser Mikrobiom in unserem Darm ist äußert empfindlich und unterliegt den Einflüssen unserer Nahrung und unseres Lebensstils. Es hält unserem Körper im Gleichgewicht und ist ausschlag gebend dafür, ob wir gesund sind oder krank. Das gilt auch für unser Immunsystem, dass zu 80% in unserem Darm angesiedelt ist. Wenn das Mikrobiom im Darm ins Ungleichgewicht gerät, passiert dasselbe auch mit dem Immunsystem und die Toleranzschwelle unseres Körpers gegenüber bestimmten Stoffen sinkt, was dann zu chronischen Krankheiten und Autoimmunerkrankungen führt.

Neurologischen Symptome

Manchmal ist es gar nicht so einfach, den Zusammenhang zwischen der Ernährung und diversen Beschwerden herzustellen. Neurologisch bedingte Phänomene können nämlich auch ganz andere Ursachen haben. Diese Störungen weisen auf Erkrankungen und Störungen im peripheren Nervensystem hin, sprich die Nerven außerhalb des Gehirns und des Rückenmarks. Wenn Schädigungen auftreten, können sich folgende Beschwerden zeigen:

  • Gleichgewichtsstörungen

  • Probleme mit der Bewegungskoordination

  • Wahrnehmungsstörungen

  • Missempfindungen

  • fehlende Reflexe

  • Konzentrationsstörungen

Bevor Du selbst Rückschlüsse ziehst, ob die Beschwerden mit der Ernährung zu tun haben, müssen natürlich andere Ursachen von einer Ärztin ausgeschlossen werden. Denn die medizinische Forschung steht in diesem Bereich erst am Anfang. Bei einer schwedischen Studie im Jahr 2015 ergab sich, dass das Risiko für periphere Neuropathien bei Zöliakiebetroffenen um den Faktor 2,5 erhöht sein kann. Das Tückische daran: Neurologische Störungen aufgrund einer Unverträglichkeit können auch vorhanden sein, ohne dass die betroffenen Personen typische Anzeichen für eine Nahrungsmittelunverträglichkeit zeigen. Das erschwert eine zuverlässige Diagnose und die entsprechenden Behandlungsoptionen.

Warum kann es zu neurologischen Störungen kommen?

Die Nerven sind von der sogenannten Myelinschicht ummantelt. Eine Zöliakieerkrankung und wahrscheinlich auch die leichteren Formen, also Glutensensitivität und Getreideallergie, können dazu führen, dass die Myelinschicht schwindet. Dafür sind vermutlich autoimmunologische Prozesse verantwortlich: Das körpereigene Immunsystem greift die Myelinschicht an.

Bei anderen Erkrankungen ist die Forschung weiter, so gilt etwa bei Multipler Sklerose, dass die Myelinschicht beschädigt oder ganz zerstört wird. Diabetes Mellitus hat ebenfalls oft Neuropathien im Begleitprogramm. Weil neurologische Störungen bei solchen Erkrankungen zu den Frühwarnzeichen gehören, ist eine fachärztliche Diagnose extrem wichtig.

Worin ist Gluten enthalten?

Natürlich findet man Gluten in Produkten wie Brot und Backwaren, Müslis, Nudeln und Bier.

Überhaupt befindet sich Gluten in sämtlichen Getreidesorten:

  • Weizen, Roggen, Gerste und die Urarten

  • Dinkel, Emmer, Einkorn, Kamut

  • Hartweizen (aus dem alle Nudelprodukte sowie Couscous und Bulgur hergestellt werden)

  • Seitan (veganer Fleischersatz)

  • Malz, Gerstenmalz, -extrakt und -aroma

  • Hafer (der nicht ausdrücklich als glutenfrei gekennzeichnet ist)

Aber wusstest du, dass Gluten auch in den folgenden Lebensmitteln enthalten ist?

  • Getreidekaffee

  • Süßigkeiten

  • Wurst

  • Marinaden und Dressings

  • Brühen, Bouillons und Saucen, auch Sojasauce

  • Würzmitteln und Aromastoffen

  • Fettreduzierten Lebensmitteln

  • Nahrungsergänzungsmitteln, z.B. Vitaminpräparate

  • Medikamenten

  • Verdickungs- oder Bindemitteln

Wie gehe ich mit glutenhaltigen Lebensmitteln um?

Um Gluten zu vermeiden, reicht es nicht per se, auf glutenfreie Produkte aus dem Supermarkt bzw. Biomarkt umzustellen. Weil man dann ein hochverarbeitetes Lebensmittel nur durch ein anderes ersetzt. Zudem enthalten diese kaum Nährstoffe, die wir tatsächlich benötigen.

Ich plädiere dafür ganz grundsätzlich eigenes Brot und eigenen Kuchen zu backen. Es gibt tolle Alternativen! Oder man nimmt sich die Zeit und lässt sein Sauerteigbrot zwei Tage gären, bevor man es in den Ofen schiebt.

Nudeln zu ersetzen wird schwer, denn Nudeln aus Buchweizen oder Linsen schmecken eben auch so und dann muss ich nicht extra diese teueren Nudeln kaufen, sondern nehme lieber Hirse. Ich finde das passt ganz wunderbar zu meiner Tomatensauce.

Generell kann man auf Gluten und viele glutenhaltige Produkte verzichten und sie stattdessen ersetzen. Denn was unser Körper wirklich braucht sind Vitamine, Ballaststoffe, Spurenelemente, Mineralien, Fette und Proteine.

Gemüse, Reis, Kartoffeln, Pseudogetreide und Hülsenfrüchte - natürliche Lebensmittel ohne Gluten sind wunderbar und nahrhaft.

Ich weiß, dass es in unserer heutigen hektischen Zeit immer schnell gehen muss. Auch beim Essen wollen wir Zeit sparen: essen im Gehen, wir schieben die Fertigpizza in den Ofen und kaufen das Fertigbrot im Supermarkt. Aber das bekommt uns nicht. Wir sollten lieber unseren Blickwinkel ändern, uns die Zeit nehmen, unser Essen bewusst zuzubereiten, bewusst bestimmte Grundnahrungsmittel einkaufen, z.B. beim Biobauern oder Kleinbauern nebenan und auf Lebensmittel, die uns nicht gut tun, bewusst verzichten.

Quellen:

Irene Rosinski

Als ausgebildete und zertifizierte Ernährungsberaterin und Gesundheitscoach lege ich meinen Fokus auf die Beratung bei Autoimmunerkrankungen sowie chronischen Entzündungen. Da ich selbst die Autoimmunkrankheit Hashimoto und div. Unverträglichkeiten habe, weiß ich, was es heißt, damit umgehen zu müssen.

Daher findest du in meinem Ernährungsmagazin zum einen Rezepte, die zuckerfrei, glutenfrei und milchfrei sind und zudem entzündungshemmend wirken, um deine Gesundheit zu unterstützen. Und zum anderen findest du viele Informationen und Wissenswertes rund um Autoimmunkrankheiten sowie chronische Erkrankungen und wie du mit Ernährung und entsprechender Bewegung, wieder zu mehr Wohlbefinden und Lebensqualität im Alltag kommst.

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